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Warum besteigt man den Kilimanjaro? Diese
Frage kann man sich wohl stellen! Um um Zwei Uhr in der Frühe
an einem Berghang zu stehen nach Luft zu schnappen und das Gefühl
zu haben sich erbrechen zu müssen? Oder ist die Motivation
der Rundblick, den man von dessen Gipfel geniesst? Vielleicht
steht man sogar in einem Wolkenmeer! Aber auch ohne Nebeldunst
ist man immerhin noch fern von "Out of Africa".
Warum eigentlich? Ganz einfach, ich habe diesen majestätischen
Vulkan mit seinem Schneehäubchen mitten in Afrika mehrmals
überflogen; dieser Anblick hat mich sehr beeindruckt und
somit ist mir die Besteigung dieses Bergs zum Ziel geworden.
Sobald die Entscheidung getroffen war, habe ich nach einem Gefährten
gesucht, der mich bei diesem Abenteuer begleiten wollte; ich
habe ihn gefunden: Bernard Lambert war dazu bereit und hat sich
später als idealer Partner erwiesen.
Der Kilimanjaro ist der grösste
Vulkan der Erde.
Er hat beeindruckende Masse, am Fuss hat er einen Umfang von
80 km und sein 6000m hoher Gipfel ist in einem Umkreis von mehreren
hundert Kilometern sichtbar.
Er weist 4 verschiedene Klimazone auf:
1800-2800m |
Tropenwald |
heisses und feuchtes Klima |
22° C bis 28° C |
2800-4000 m |
Heide und Flora |
frisches Klima und Nebel |
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4000-4500 m |
Hochebene, Riesenkakteen |
warm am Tag, kalt bei Nacht |
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4500-5895 m |
Steinig ewiger Schnee, Gletscher |
eiskalt und windig |
-5° C bis -25° C |
1. Vorbereitungen
Wir haben uns bald für eine individuelle Reise entschieden
und innerhalb einiger Wochen haben wir unsere Reiseroute festgelegt:
per Flug Strasbourg - Amsterdam - Arusha in Tanzanien.Wir mussten
nur noch einen Reiseunternehmer für das Trekking finden.
Nach intensiver Suche auf dem Internet und, nachdem wir Dutzende
von Angeboten unter die Lupe genommen hatten, haben wir uns für
Zara Travel in Moshi, am Fusse des Kilimanjaro entschieden.
Einkauf der nötigen Ausstattung anhand der ausführlichen
Listen auf Internet (Schlafsack, warme Kleider usw
)sowie
einer ganzen Batterie von Medikamenten gegen Malaria, Höhenkrankheit(
sehr häufig), Erbrechen, Schwindel, Durchfall, ohne den
Impfstoff gegen Gelbfieber zu vergessen.
Der Aufstieg ist ja technisch gesehen nicht
besonders schwierig, es geht vor allem um Ausdauer und um Anpassung
des Körpers an den Höhenunterschied und die Fähigkeit,
täglich einen Höhendifferenz von 1000m zu überwinden.
Laut einer schweizerische Studie erträgt der menschliche
Körper nur schlecht ein Höhenunterschied von 400m pro
Tag ab 2500m ohne vorherige Vorbereitung. Nur in diesem Sinne
ist der Kilimanjaro ein gefährlicher Berg. Die klimatischen
Verhältnisse sind ein anderen wichtiger Faktor, der den
Köper belastet, besonders in meinem Alter.
Wir waren gewarnt und infolgedessen haben wir uns sportlich betätigt
(ungen in den Alpen, Vogesen, Jogging, Radtouren usw
) und
wir waren bereit.
Tag 1: Aufbruch, 19 September 2003
Flug ab Strasbourg, 6.30 Uhr via Amsterdam, Ankunft am Kilimanjaro
Airport um 22.30 Uhr. Transfert im Minibus zum Springland Hotel
in Moshi (125.000 Einw.) am fusse des Kilimanjaro.
Tag 2: Ruhetag im Hotel
Welche Ueberraschung!
Der Kilimanjaro und sein in Nebel gehüllter Gipfel sind
sichtbar vom Hotel aus, er ist majestätisch mit seiner Wucht,
man könnte denken, er gehöre schon nicht mehr zu dieser
Welt.
Um 17h Briefing im Hotelgarten: die zahlreichen Informationen
werden uns während der Besteigung zu Gute kommen! Wir werden
ermuntert, guten Mut zu haben, damit wir nicht nur "Gillman,s
Point" erreichen, sondern auch den Gipfel des Uhuru Peak
( übersetzt Spitze der Freiheit) und wir sollten auf keinen
Fall den negativen Reden der Herunterkommenden Gehör schenken.
Tag 3: Marangu Gate bis Mandara Hut,
2500m hoch
Greg, ein Australier, wird mit uns hinaufsteigen, unsere Gruppe
besteht aus einem
Führer, einem Hilfsführer, einem Koch und seinem Gehilfen
und aus neun Trägern.
Ein Minibus bringt uns nach Marangu gate 1800m hoch, das ist
der meist benutzte und einfachste Weg. Wir stellen bald fest,
dass wir nicht die einzigen sind mit diesem Vorhaben.
Wir verbringen diesen Tag im Tropenwald, wo Lianes, riesiges
Farnkraut, üppige Grünpflanzen Spalier stehen. Ab und
zu erschrecken uns Paviane und Kolobusaffen. Nach 5 Stunden Marsch
erreichen wir ohne weiteres Mandara Hut, 2700m hoch.
Tag 4: Von Mandara hut bis Horombo hut,
3700m hoch
Schöner Tag,
es ist heiss und Staub wirbelt auf. Die Landschaft ist wunderschön,
schöne Sicht auf die afrikanische Ebene. Die Vegetation
wird immer spärlicher. Uebergang vom Wald zu einer niedrigen
Flora und blühenden Buschen. Die Höhe und die Sauerstoffverringerung
machen sich spürbar, wir müssen langsamer gehen; wir
können jedoch das Panorama bewundern bis zur grenze mit
Kenya. Wir kommen um 13 h in Horombo hut an. Eine dunkle Wolke
bringt Frische und es wird wesentlich kühler. Der traditionelle
Tee des Küchengehilfen ist willkommen.
Tag 5: Tag der Angewöhnung
Ich habe eine schlechte Nacht verbracht, ich beneidete Bernard
und Greg; die schliefen
wie Bären. Der Führer schlägt uns vor, auf den
Mawenzi -4300m- zu steigen, zu Angewöhnung. Ich habe leichte
Kopfschmerzen. Ist das wohl ein Vorzeichen für die Bergkrankheit?
Von diesem Gedanken geplagt, erhöhe ich die Dosis von "Coca
9CH", einem homäopathischen Heilmittel, das das Diamox
ersetzt( Chemisch). Wir sind mit dem Hilfsführer weiter
gelaufen, der Pfad ist steil, die Vegetation wird noch spärlicher
und die Landschaft ist nur noch Stein. Nach 3 Stunden Marsch
erreichen wir Mawenzi hut, wir machen eine Stunde Pause, um Kraftnahrung
zu essen und Trokenobst zu knabbern. Zurück zum Horombo
Lager, dort verbringen wir die Nacht, meine Kopfschmerzen sind
weg. Wir warten ungeduldig auf morgen, dann geht es auf den Kibo,
4700m hoch, das ist die letzte Etappe vor dem Endspurt.
Tag 6: Horombo bis Kibo 4700m
Es ist kalt in der
Hütte, das Wasser in meiner Flasche ist gefroren. Ich fühlte
mich wohl in meinem Schlafsack, er war vorgesehen für -15°C,
der von Bernard für -25°C, aber in Wirklichkeit nur
für -2,5°C-Er hatte beim Kauf vergessen, die Brille
aufzusetzen!!
Weiter geht es nach Kibo, die Luft ist kühl, man muss sich
warm anziehen, wir nehmen auch Wasser mit, es gibt keine Wasserstelle
mehr auf der Strecke, die Träger werden das mittragen.
Wir durchwandern eine steinige, zerfetzte Mondlandschaft mit
einer schönen Sicht auf den Mawenzi, den wir gestern bezwungen
haben. Die Höhe macht Greg immer mehr zu schaffen, er schwankt,
fühlt sich miserabel, er erbricht sich, aber stolz und mutig,
wie alle Australier, marschiert er trotz seiner schmerzen weiter
und behält trotz allem sein ewiges Lächleln. Nach 7
Stunden Marsch kommen wir auf dem Kibo an, Greg ist noch nicht
fit, er legt sich, während Bernard und ich den Augenblick
geniessen und die letzten Sonnenstrahlen bewundern, bevor sie
endgüldig hinter dem Gipfel des Kilimanjaro verschwinden.
Nacht 6 auf Tag 7: Zielrichtung Gipfel
Dieses Mal wurde es Ernst: Aufstehen um 23 Uhr( dort oben versucht man vergebens zu schlafen,
die Höhe, die Kälte, die Angst haben uns den Schlaf
geraubt). Nachdem wir vor einer Tasse Tee und Zwieback eine Weile
geschlummert hatten, rüsteten wir uns für den Aufstieg
aus. Der start soll um 23h30 stattfinden, draussen ist es -10°C.
Es ist stockdunkel, es geht los. Die Kopflampe brennt, wie bei
den Bergleuten, die in die Grube einfahren. Wir sind uns der
Schwierigkeiten, die auf uns zukommen, bewusst. Die Besteigung
bis zum "Gillman's point" dauert etwas 6 Stunden. Wir
steigen langsam im Zick Zack auf. Elias unser Führer, ist
vorn, Bernard ich, und Greg folgen ihm und Steward, der Hilfsführer,
kommt zuletzt. Die Besteigung wird zum Kreuzweg für Greg,
in 5200 m Höhe klappt er zusammen und erbricht sich. Stewart
kümmert sich um ihn, wir steigen weiter mit Elias. Je steiler
der Pfad wird, desto dichter wird die Asche, und der Sauerstoffmangel
erschwert diesen Aufstieg: wir müssen mit voller Brust atmen,
damit wir noch Luft bekommen. Wir halten öfters an, so sehr
erschlägt uns die Müdigkeit, es wird nicht länger
als 2 Minuten gerastet,
sonst kommen wir nicht mehr vom Fleck. Die Batterien der Lampen
werden schwächer, um einem Anhaltspunkt zu haben, schaue
ich krampfhaft auf Bernards Beine, die sich wie die eines Automaten
ziellos bewegen.
Wir laufen schon beinahe 6 Stunden, schweigsam, Tausende von
Gedanken schwirren durch meinen Kopf und derjenige, der immer
wieder auftaucht, ist " wann wird dieser Kreuzweg zu ende
sein". Da unterbricht eine Stimme meine Gedanken, die stimme
des Führers Elias verkündigt:" We' ve arrived
on the Gillman's point" .Es ist immer noch Nacht und wir
schwelgen in Freude, wir gratulieren einander. Wir sind aber
noch nicht auf dem Gipfel des Kilimanjaros. Der Gipfel des Vulkans
Uhuru Peak liegt 5895m hoch, einer gute stunde dürfte er
erreicht sein. Der Pfad, der sich am Rande des Vulkans entlang schlängelt, ist nicht
so steil, also gehbarer. Auf diesem Abschnitt beginnt sich die
Dunkelheit zu verringen, unter diesem Breitengrad ist die Morgendämmerung
sehr kurz, die Sonne bestrahlt sehr rasch die weissen Gletscher
des Kilimanjaros. Ein unsagbares Gefühl überwältigt
mich, Tränen fliessen aus meinen Augen und in diesem Augenblick
verstehe ich, was die Alpinisten, diese Eroberer des Unnützen
empfinden: Das Glück, gesiegt zu haben und bis an die äussersten
Grenze ihrer Kräfte gegangen zu sein.
Nun weiss ich, dass
wir auf das Dach Afrikas steigen werden. Elias, der Führer,
beglückwünscht uns. Ich teile diese Freude mit Bernard
und bin ihm dankbar, denn ohne ihn wäre ich niemals gestartet.
Und damit ist es noch nicht fertig ! Jetzt müssen wir hinunter,
das was wir in zwei Tagen und einer Nacht aufwärts gemacht
haben, denn heute abend wird nach einem Tagesmarsch von 12 Stunden
in Horombo hut geschlafen.
Tag 7: Abstieg nach Horombo hut
Nachdem wir müde, aber überglücklich und vom Stress
der letzten Tage befreit, in Horombo hut angekommen sind, treffen
wir mit Greg zusammen, er ist erschöpft und leidet, er teilt
uns mit, dass er mit dem Hilfsführer auf Gillman's point
gestiegen ist. Welch eine Leistung! War es jedoch vernünftig,
diese Risiken einzugehen??
Tag 8: Abstieg nach Marangu gate
Die grössten Freuden dieses Tages bestanden darin, ein gutes
Glas Kilimanjaro Bier (das einheimische Bier) im Hotelgarten
zu trinken und diejenigen zu kreuzen, die hinaufsteigen und noch
nicht wissen, was ihnen bevorsteht.
Nach der Ankunft bezahlen wir die Führer und die Träger.
Ich überlasse ihnen einen Teil meiner Kleider, die ich zum
Aufstieg benutzt habe. Beide Parteien sind zufrieden.
Ueberlegungen
Der Kilimanjaro:
Schnee und Gletscher am Equator, eine geologischesehenswürdigkeit,
aber wie lange noch??
Mit dem raschen Klimawechsel, der am Equator noch schneller stattfindet,
sagen die Klimatologen das Schmelzen des Schnees und der Gletscher
in den nächsten 10 bis 20 Jahren vorher. Das wird für
das Ecosystem tragische Folgen haben.
Eine grosse Bevölkerung hat sich unterhalb des Kilimanjaros
angesiegelt, denn diese Gegend ist fruchtbar, da sie von dem
Gletscherwasser gespeist wird: Da pflanzt man Reis, Kaffee, Kakao
.Was
wird aus dieser Bevölkerung werden?
Das zunehmende Schmelzen der Schneedecke und der Gletschermasse
wird das Interesse bei den Touristen schmälern, also den
Touristenstrom verringern.
Der ewige Schnee des Kilimanjaros, der von Hemingway gefeiert
wurde, wird dann der Vergangenheit angehören.
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